Arthur Sliwa

Fotografie & Zeugs

Bonn Climate Camp – Musterfall palästinensischer Vereinnahmung

Mit dem Ende des 62. Treffens der Nebenorgane der UN-Klimarahmenkonvention verschwindet auch das parallel veranstaltete Bonn Climate Camp wieder aus dem öffentlichen Raum. Zurück bleibt ein schaler Nachgeschmack ideologischer Vereinnahmung und ein Schatten, der mehr mit Nahost als mit CO2 zu tun hat. Das Camp steht damit exemplarisch für die tiefgreifende Unterwanderung gesellschaftspolitischer Anliegen, wie sie sich derzeit bundesweit beobachten lässt.

Als die UN im vergangenen Jahr unter dem Kürzel SB 60 in Bonn konferierte, stießen die überwiegend internationalen Teilnehmenden bereits unweit der Tagungsgebäude auf ein buntes Sammelsurium zivilgesellschaftlicher Klimaaktivitäten in Form eines Zeltlagers. Veranstalter war der Klimadelegation e.V. – in eigenen Worten ein „politisch unabhängiger Zusammenschluss junger Menschen, die sich in der internationalen Klimapolitik engagieren“1. Und tatsächlich schien zumindest im Netz zunächst nichts auf eine unmittelbare Verbindung des Vereins zur palästinensischen Sache hinzudeuten; Klima war wohl durch und durch das Kernthema. Das Einzige, was stutzig machen konnte, war ein prominent platziertes Foto auf der digitalen Programmseite des damaligen Camps: Zu sehen waren dort zwei Personen, die Wassermelonen malten. Zwar trendeten die großen grünen Beeren zu jener Zeit bereits als populäres Symbol israelfeindlicher Strömungen – vielleicht dienten sie den beiden Bastlern jedoch schlicht als Zeichen für sonniges, warmes Klima.

Dieses Jahr wurde das Camp von der gemeinnützigen shifting advocacy Unternehmergesellschaft unter Federführung von Tobias Holle und Julia Horn veranstaltet. Mit der organisatorischen Professionalisierung kam auch ein Neudesign der Website. Ein Blick auf die aktualisierte Webpräsenz2 lässt den anfänglichen Verdacht zur Gewissheit reifen – und sogar darüber hinaus: „Klima mit Kufiya“ scheint das neue Motto der Aktivisti zu sein. Drei der vier Bilder zeigen das Tuch, welches einst durch arabische Terroristen seine Bekanntheit erlangte und nun als das gegenwärtige It-Piece einer Szene gilt, die sich offen mit jenen terroristischen Akteuren solidarisiert. Das Bonn Climate Camp macht aus seiner antiisraelischen Schlagseite keinen Hehl – im Gegenteil: Es stellt sie demonstrativ zur Schau und erhebt sie zur identitätsstiftenden Geste. Da überrascht es wenig, dass sich in der aktuellen Selbstbeschreibung ein ausführlicher Passus zum Nahostkonflikt findet, der das gängige antiisraelische Narrativ eines angeblichen systematischen Völkermordes reproduziert und Antisemitismus zusätzlich als bloß eine von vielen möglichen Diskriminierungsformen relativiert.3 Man kann bereits vermuten, dass ein solches Lager eine Wohlfühloase für problematische Persönlichkeiten aus der antisemitischen Mischszene darstellen könnte. Und in der Tat waren drei Mitglieder der extremistischen Gruppe Students for Palestine Bonn unter den Wiesenlagernden anzutreffen. Die Gruppe, die sich zu erheblichen Teilen nicht aus Bonner Studierenden zusammensetzt, glorifiziert Terroranschläge wie jenen vom 7. Oktobers 2023 und wurde in der Vergangenheit mehrmals wegen ihrer Relativierungen des Holocausts bzw. der Schoah scharf kritisiert. Gegen eines der drei Mitglieder wird derzeit wegen einer körperlichen Attacke in einem Gerichtsgebäude auf Menschen ermittelt, die sich öffentlich für den Schutz jüdischen Lebens einsetzen. Auch Greta Thunberg stattete dem Camp einen Besuch ab – kurz nachdem sie gemeinsam mit dem bekennenden Hisbollah-Simpatizante Thiago Avila an einem symbolischen Segelversuch Richtung Gaza teilgenommen hatte, welcher vom bekannten Hamas-Aktivisten Zaher Birawi organisiert wurde.

Parallel zum Lager war eine Klimademonstration der Debt for Climate Germany geplant, die am 21. Juni einen möglichen Schuldenschnitt für den globalen Süden thematisieren sollte. Nachdem jedoch Druck auf die Organisation ausgeübt wurde, sagten sie die Veranstaltung kurzerhand ab und entschuldigten sich dafür, dass Gaza im Aufruf scheinbar nicht ausreichend berücksichtigt werde.4 Das Bonner Klimacamp knüpft somit an Boykottgeschehen in BDS-Manier an – dies ist gerade deswegen kritisch zu bewerten, weil neben einem Ableger in Berlin einzig die Bonner BDS-Gruppe vom Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft wurde.

Das antiisraelische Bonn Climate Camp ist kein Einzelfall, weder lokal noch bundesweit. In diesem Jahr wurden diverse Anlässe, die ursprünglich ganz andere Themen verfolgten, vielfach von palästinensischer Propaganda gekapert: Bei einer Kundgebung zum Weltfrauentag in Würzburg wurden die massiven Sexualverbrechen der terroristischen Hamas geleugnet,5 die „Ostermärsche“ in Düsseldorf und in Berlin hingegen widmeten sich beide ausschließlich dem Nahostkonflikt und wurden allesamt von kritischen Gruppierungen organisiert. Es gibt unzählige Beispiele für die aktuell stattfindende ideologische Unterwanderung im Namen der palästinensischen Sache. Die entscheidende Frage lautet schließlich: Werden progressive Bewegungen auf kurz oder lang den Mut und die Klarheit aufbringen, sich von dieser ideologischen Vereinnahmung zu emanzipieren, sich von antiisraelischem Aktivismus und palästinensischer Agitation zu befreien? Oder bleiben sie der antisemitischen Mischszene verhaftet?

  1. So zu lesen auf der Homepage des Vereins: https://klimadelegation.de ↩︎
  2. Archivierte Kopie: https://web.archive.org/web/20250520040320/https://bonnclimatecamp.org/ ↩︎
  3. „This means we condemn the ongoing genocide in Palestine and are calling for an immediate ceasefire and especially demand Germany stop supporting the government of Israel. Supporting war crimes and sending weapons to Israel does not combat antisemitism. In parallel, we must continue to work towards fighting discrimination and racism of any kind, antisemitism and Islamophobia, and all other dimensions!“ Link zum Online-Archiv: https://web.archive.org/web/20250424202633/https://bonnclimatecamp.org/about-us/#expand ↩︎
  4. Link zum Instagrambeitrag: https://www.instagram.com/p/DLF8bRuooaG/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=a2lrdzE3czNzbDBo ↩︎
  5. Die Mainpost berichtete: https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/queerfemistischer-kampftag-in-wuerzburg-demonstration-fuer-gleichberechtigung-und-ein-ende-des-patriarchats-art-11727454 ↩︎