„Strukturontologie – eine Phänomenologie der Freiheit“ – so lautet der Titel eines 1971 im Verlag Karl Alber ersterschienenen Buches des Philosophen Heinrich Rombachs. Nicht nur stellt die Strukturontologie den Kulminationspunkt von Rombachs Wirken und Schaffen dar, der Gedanke ist dermaßen weitreichend, dass der Begriff „Buch“ ihm praktisch nicht gerecht wird. Der Bischoff Klaus Hemmerle schrieb hierzu treffend in seiner Besprechung des Werkes: „Was für ein Buch? Kein Zweifel. Die Strukturontologie ist eines der wirklich wichtigen Bücher. Aber ist sie überhaupt ein Buch? Jedenfalls nicht so, wie ‚normalerweise‘ philosophische Bücher sind.“ Es scheint einem fast schon paradox, dass die Resonanz auf Rombach sich bislang doch eher in Grenzen hielt. Das finde ich unglaublich schade. So bietet doch gerade die Strukturontologie fruchtbaren Boden, auf welchem sich wissenschaftliche Ansätze und Theorien besonders gut entfalten. Das Modell spannt neue Horizonte auf, wo herkömmliche Auffassungen nicht weit genug gehen. Und dort, wo sie zu weit gehen, sprengt es sie mit neuen Blickwinkeln. Mit dem Projekt Strukturontologie.de möchten wir dem Gespräch eine neue Bühne verleihen.
Name of the game
Folgt man dem trockenen lexikalischen Eintrag in der Wikipedia, so handelt es sich bei der Strukturontologie um eine „Form der Ontologie“, also derjenigen Richtung innerhalb der Philosophie, welche sich – grob gesagt – der Frage nach dem Sein widmet. Was ist Sein überhaupt? Mit welchen Facetten geht Dasein im engeren Sinne einher? Und was meinen wir eigentlich, wenn wir von Existenz sprechen? All diese wohl bekannten Fragen sind im Gebiet der Ontologie zu verorten. Ebenso werden sie in Rombachs Philosophie behandelt, in diesem Sinne lässt sie sich als eine Fortführung der Fundamentalontologie Martin Heideggers verstehen. Doch die Strukturontologie auf ihren Wortstamm und insbesondere seine übliche Auffassung zu reduzieren entspricht in keinster Weise einer angemessene Betrachtung. Über die vorherrschende Auffassung von Ontologie geht sie schließlich ungemein weit hinaus. Rombach ergründete eine Philosophie der Begegnung, die auf das Ganze sowie auch auf das Einzelne geht; die sowohl versucht, Strukturen in ihrer Eigenheit und ihrem Selbst aufzuschlüsseln, als auch ihr Zusammenspiel mit allem Wirklichen – mit der Welt, wenn man so will – zu erforschen. Losgelöst von dem Denken in starren Entitäten eröffnet sich hier eine völlig andere, ganz eigene ontologische Grundstruktur. Es ist nämlich eine, in welcher noch dem Sein jeweiliger Strukturen ihre Bewegung und Beziehung voran stehen. Was zunächst wie ein Widerspruch wirken mag, findet bei Rombach seine Lösung im Begriff der „Genese”, welche sich grob als eine Selbstartikulation und Selbststrukturierung der Dinge beschreiben lässt. Diese Auffassung ist vielfach von Vorteil: „Eine ‚genetische‘ Ontologie […] bringt eine neue Sichtweise des Verhältnisses von Mensch und Wirklichkeit, Dasein und Sein, Naturgeschichte und Menschheitsgeschichte mit“ schreibt Rombach in seinem Versuch einer Selbstdarstellung (Rekonstruktion via archive.com).
Wo die Reise hingeht
Die Strukturontologie setzt die Dinge in Beziehung zueinander, arbeitet geschichtlich sowie umsichtig – das ist eine ihrer großen Stärken und doch macht sie hier längst noch keinen Halt. Thomas Diener gelang es, in einem kleinen PDF-Dokument bemerkenswerter weise fast schon nebenbei die sich bietenden Möglichkeiten kurz und bündig, vor allem aber äußerst zutreffend zusammenzufassen: „Was bringt die Auseinandersetzung mit der Strukturontologie? Viele moderne Ansätze des Weltverständnisses entfalten sich auf dem Boden der Strukturontologie sehr gut. Die Strukturontologie führt unser Denken über die Systemtheorie hinaus oder gibt modernen systematischen Modellen eine zusätzliche Tiefe.“ Wäre hier anstelle von Weltverständnissen etwa ganz konkret von modernen Ansätzen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen die Rede, so behielten diese Sätze zweifelsohne ihre Richtigkeit. Wissenschaftliche Theorien gedeihen im Zusammenspiel mit der Strukturontologie gut, denn sie liefert geeignete philosophische Modellierungen für eine Vielzahl unterschiedlicher Fragestellungen. Auch im Bezug auf etwa Kunst, Literatur oder Architektur ist durchaus fruchtbares denkbar und vieles sogar bereits geschehen.
Wenn Rombach schreibt, zieht er neben dem üblichen Text auch Modelle und Bilder, ja sogar Zeichnungen als Darstellungshilfen zur Seite. Diesem Gedanken möchten wir Folge leisten und auf Strukturontologie.de ähnlich verfahren. Im Austausch mit Menschen wie zum Beispiel Wissenschaftlern und Künstlern über ihr Tun und Schaffen, ihr Leben und Denken sollen bestehende Querverbindungen und neue Horizonte ersichtlich werden. Dieses Projekt ist der Versuch, Strukturontologie auf vielfältige Art und Weise in ihrer Konkretion zu fassen. Brücken zu bauen zwischen der oft nur schwer zu durchdringenden und herausfordernden Theorie und dem wirklichen, was sie derart begehrt, umfasst und mehr zu verstehen sehnt.
Zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Beschreibung von Strukturontologie.de herrscht auf dem Portal selbst noch tabula rasa. Wir stehen jedoch in den Startschuhen. Eine genaue Antwort auf die vorige Zwischenüberschrift bleibe ich also erstmal schuldig, diese wird nur die Zeit liefern können. Ein kleiner Trost: In naher Zukunft wird sicherlich das ein oder andere Statusupdate auf diesen Text folgen.